Meine Söhne geb ich nicht

Ein wunderbarer Bericht von Guido Wagner in der heutigen Ausgabe der Kölnischen Rundschau und der Bergischen Landeszeitung zu unserem UNGER-UNS Konzert vor Weihnachten »traditionell«.

„Nein,meine Söhne geb’ ich nicht“
Hannes Schöner, Jens Streifling und Freunde mit Appell für den Frieden bei „Ungeruns“-Konzert

VON GUIDO WAGNER
HEIDKAMP.

„Wir haben manchmal das Gefühl, die Welt hat den Verstand verloren“, sagt Hannes Schöner und spricht von den Kriegen an allen Ecken und Enden des Globus. Dabei würden die, die heute noch den Pazifismus hochhielten, häufig nur schräg angesehen. „Wir sehen das anders“, bekennt der Bassist „Wir haben beide jeder drei Söhne“, sagt sein Bandkollege Jens Streifling neben ihm und macht klar: Er will nicht, dass sie eines Tages in den Krieg ziehen. „Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht“, singen die beiden Musiker die pazifistische „Klarstellung“ aus der Feder von Reinhard Mey.

Wolfgang Bosbach im Publikum überrascht

An diesem Abend sind Schöner und Streifling nicht die Höhner-Musiker. Beim „Unger uns“-Konzert in der Alten Kirche von Heidkamp sagen sie einfach, was ihnen persönlich wichtig ist – unter anderem mit Friedensliedern von „Sag mir, wo die Blumen sind“ bis „Blowing in the Wind“. Ein Bekenntnis das manchem im Saal unter die Haut geht. Auch der Gladbacher Bundestagsabgeordnete und Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach ist unter den Gästen. „Meine Frau Sabine war letztes Jahr hier und hat gesagt: Da musst du unbedingt mal hin“, sagt er in der Pause.
Schöner und Streifling kommen von der Bühne, sie kennen Bosbach seit Jahren.„Ich hab ja zuerst gedacht, das wäre ,Echte Fründe’ mit Geige“, begrüßt der Politiker die Musiker grinsend. Alle drei lachen. „Nein, man merkt wirklich, dass das Lieder sind, die euch am Herzen liegen“, sagt Bosbach anerkennend. Die Musiker, mit deren Kölner Band er seit drei Jahrzehnten eng verbunden ist und im Karneval oft selbst auf der Bühne stand, haben ihn wirklich noch mal überrascht. Und der Heidkamper Saal erst, oder besser: das, was „Unger uns“-Initiator Thomas Mersch mit seinem Team und vielen „Möglichmachern“ daraus gemacht hat. „Nicht wieder zu erkennen, mit dieser Bühne, den Kandelabern und all dem Licht“, sagt Bosbach. Es sind die leisen Töne unglaublich dichter Texte, mit denen die Musiker auf der Bühne überzeugen. Etwa mit „Leise“ von Stefan Stoppok oder der ergreifenden Innenansicht eines Todkranken aus der Feder von Philipp Poisel „Froh dabei zu sein“. Auch eigene Songs haben Schöner und Streifling mittlerweile außerhalb des Höhner Repertoires geschrieben. Die Geschichte der Migrantin Mirjam gehört dazu. Beim Stones-Klassiker „Sweet Virginia“ holt Streifling Crew-Mitglied Axel Philipp auf die Bühne, ein musikalischer Weggefährte noch aus DDR-Zeiten.

Wie Streifling wenige Monate vor der Wende mit seinem Ausbürgerungsantrag endlich Erfolg hatte, erzählt er vor dem Lied „Als ich fortging“. „Das war für mich damals der Soundtrack für diese Zeit“, erinnert sich der 48-Jährige. Eindrucksvoll reiht sich „Am Fenster“ von der DDR-Band „City“ aus den 70er Jahren ein, dem Lidia Dobrzhynets ein eindringliches Geigen-Solo verleiht.
Zu den großen Musikern, die das Publikum im kleinen Kreis erleben kann, zählen an diesem „Unger uns“-Abend auch Keyboarder Gero Körner, Gitarrist Hermann Heuser, Schlagzeuger Wolf Simon und Matthias Keul an der Lap- Steel-Gitarre, einem Saiteninstrument, das auf dem Schoß gespielt wird – Country Flair pur. Die Begeisterung reißt nicht nur die Zuhörer mit. Gegen Ende überraschen Schöner und Streifling noch einmal, beginnen mit „Ich han die Städte der Welt jesinn…“, um im Refrain statt in „Hey Kölle“ in den Beatles-Klassiker „Hey Jude“ einzufallen. Das Konzert macht zweifellos auch denen auf der Bühne Spaß.

www.unger-uns.de

UNGER UNS: EINE IDEE ZIEHT KREISE

Die „Unger uns“-Idee, große Musiker in besonderen musikalischen Begegnungen in der fast privaten Atmosphäre einer zum Musikclub herausgeputzten Alten Kirche zu erleben, hat längst weiter um sich gegriffen. Eine Reihe von „Möglichmachern“ unterstützt das Projekt von Thomas Mersch und seinem Team. Darunter ist auch das Team von „Anziehbar & Wandelbar“, das Fanartikel vom Schal bis zum Schlüsselanhänger in Handarbeit herstellt und am „Büdchen“ bei „Unger uns“-Konzerten anbietet.

Jeden ersten Samstag im Monat sind die Macherinnen von „Anziehbar & Wandelbar“ von 11 bis 18 Uhr bei „Zimmermann fashion“ in Gladbach (neben der Einfahrt zur Löwen-Parkgarage) als „Kreative Köpfe“ zu Gast – unter anderem, um gemeinsam mit Kunden kreative Ideen zu entwickeln und umzusetzen. (wg)

FOTO-UNTERSCHRIFTEN ZUM ARTIKEL:

Unger uns: (v.l.) Hannes Schöner, Lidia Dobrzhynets, Gitarrist Hermann Heuser, Jens Streifling und Schlagzeuger Wolf Simon. (Foto: Luhr)

Vom ganz anderen Konzert von Jens Streifling (M.) und Hannes Schöner (r.) zeigte sich MdB Wolfgang Bosbach begeistert. (Foto:Wagner)